Vorwort zur 70. Ausgabe der EkoNiva News von Stefan Dürr

Vorwort zur 70. Ausgabe der EkoNiva News von Stefan Dürr

15.03.2021 Unternehmensmeldungen

Künstliche Intelligenz hilft den Menschen, die richtigen Entscheidungen zu treffen

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Wenn man mich früher fragte, wie groß der ideale Landwirtschaftsbetrieb sei, nannte ich zur Orientierung 30.000 Hektar. Wahrscheinlich hätte ich meine Meinung dazu auch nicht geändert, hätte uns nicht die Digitalisierung neue Möglichkeiten der Steuerung von Produktionsprozessen an die Hand gegeben. Den ersten Landwirtschaftsbetrieb haben wir 2002 gegründet. Schon damals wagten wir uns auf das Gebiet der digitalen Technologien vor. Ich lud ein paar deutsche ehemalige Studienkollegen nach Russland ein. Gemeinsam versuchten wir, Sensoren auf dem Acker einzusetzen. Man hielt mich zu diesem Zeitpunkt für verrückt. Kaum jemand glaubte, dass man einen Traktor an einen Satelliten koppeln und irgendwelche Informationen daraus gewinnen könnte. Man wusste damals allerdings noch wenig über die Potenziale der Digitalisierung. Die neuen Technologien steckten noch in den Kinderschuhen und wurden, wenn überhaupt, nur in vereinfachten Varianten eingesetzt.

Mit der Zeit aber befassten wir uns ernsthaft mit diesem Thema. 2008 begannen wir, unsere ersten Programme zu entwickeln, die uns allerdings noch keine überzeugenden Erfolge bescherten. In den folgenden sechs bis sieben Jahren aber kam der Durchbruch. Heute bewirtschaften wir 600.000 Hektar Land in 13 Regionen, haben einen Bestand von 200.000 Rindern. Die Milchkuhherde hat die Marke von 100.000 überschritten. Solche Größenordnungen lassen sich ohne digitale Technologien nicht mehr managen. Der gesamte Produktionsprozess vom Feld bis zum Computer ging damals mit einem großen Papieraufwand einher. Man musste Arbeitskleidung ausgeben, die laufenden betrieblichen Informationen erfassen und zentral speichern, Geschäftsberichte verfassen.

Die Überwachung und Erfassung sämtlicher Prozesse steuern wir heute mithilfe digitaler Technologien. Wir wissen genau, welche Arbeiten ein konkreter Traktorfahrer wo durchgeführt hat und welche Aufwendungen dabei entstanden sind. Das zweite wichtige Einsatzgebiet für künstliche Intelligenz ist die Unterstützung der Landmaschinenfahrer und der Maschinen. GPS- oder kognitive Technologien erfüllen Funktionen, die der Fahrer früher manuell ausgeführt hat. Das bedeutet – geringere Ermüdung, höhere Arbeitseffizienz und folglich ein besserer Lohn.

Der dritte Bereich schließlich ist der präzise Ackerbau. Er hilft uns, das Feld besser zu verstehen. Warum der Ernteertrag in einem Abschnitt gut ist, warum in einem anderen nichts wächst, welche agrochemische Beschaffenheit der Boden aufweist und wie dies alles mit dem Wetter zusammenhängt. Dafür aber bedarf es einer Menge statistischer Daten, mithilfe derer sich ein Algorithmus erstellen und auf dem Feld anwenden lässt. Das System ist selbstlernend und bringt sich selbst bei, Hunderte und Hunderttausende Hektar zu begreifen. Das eröffnet uns unfassbare Möglichkeiten! Die neuen Technologien erschaffen keine besseren Menschen. Sie können ihnen die Arbeit erleichtern, sie darin unterstützen, richtig zu entscheiden, gestützt auf objektive Daten. Der Mensch und der Algorithmus können viel erreichen. Ich sehe realistische Möglichkeiten, die Ernteerträge um 10-15 % zu steigern und gleichzeitig die Kosten um 20-30 % zu senken. Wir haben heute in Russland einen hohen Stand an Wissen über die Möglichkeiten der Digitalisierung erreicht. Unser Unternehmen nutzt Technologien weltweiter Anbieter, sucht aber auch seinen eigenen Weg mit selbst entwickelten Lösungen für den Betrieb.

Stefan Dürr, Präsident der Unternehmensgruppe EkoNiva